Auch der Lyriker Ludwig Scharf, in München seinerzeit als der „König der Bohème“ gefeiert, hat seine Wurzeln in Meckenheim. Hier erblickte er am 2. Februar 1864 als Sohn des Einnehmereigehilfen Ludwig Scharf und dessen Ehefrau Maria Christina Mechtersheimer das Licht der Welt. Gestorben ist er am 21. August 1939 in Patosfa in Ungarn.
Schon die Eckdaten lassen eine bewegte Lebensgeschichte vermuten. Besonders sesshaft war Ludwig Scharf tatsächlich nicht. Schon bald nach dem frühen Tod des Vaters zog er mit seiner Mutter in deren väterliches Haus in Blieskastel. Er besuchte dort die Königliche Lateinschule, das Abitur machte er in Zweibrücken. Noch während seiner Schulzeit verlor er durch eine Krankheit einen Fuß und trug ein Holzbein. Nach dem Abitur zog es ihn nach München, wo er begann, Naturwissenschaften, Jura und Philosophie zu studieren, was er allerdings nicht zu Ende führte. Schwermütig und pessimistisch soll er gewesen sein, berichten Zeitgenossen. Er schloss sich der revolutionären Literatenvereinigung „Elf Scharfrichter“ an und gehörte zu den Dichtern der Münchner Moderne. Mit der Malerin und Schriftstellerin Ella Somsich, einer adligen Ungarin, die sich auch Elohim Sorah nannte, zog er noch vor dem Ersten Weltkrieg auf deren Schloss Komitat Somogy.
Ein großes Porträt von Ludwig Scharf mit dichtem schwarzem Haar hängt in der Neuen Staatsgalerie in München. Sein Freund, der saarländische Maler Albert Weisgerber aus St. Ingbert, hat es gemalt.
Ludwig Scharf war ein Zeitgenosse unter anderem von Else Lasker-Schüler, Christian Morgenstern und Frank Wedekind. Er ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Seine Gedichtband „Lieder eines Menschen“ (er veröffentlichte ihn 1882) gehört zu den wichtigsten Werken des deutschen Naturalismus. Eine große Leserschaft erreichte es damals nicht, es wurde in literarischen Kreisen allerdings als Bekenntnis zum Atheismus und zur Anarchie gefeiert.
Wer mehr über Ludwig Scharf wissen will, kann nachlesen bei Hans Cappel: Ludwig Scharf – ein saarpfälzischer Dichter, Saarpfalz, Blätter für Geschichte und Volkskunde, 2000/3, Homburg/St. Ingbert 2000.
Unser Lesetipp: Ludwig Scharf, Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel und einer Rezension von Eduard von Keyserling. Herausgegeben von Walter Hettche. Aisthesis, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-89528-817-3
Text: Hildegard Janssen-Müller (hjm)
Bild: Wikipedia